Bob Ezrin: „Möglicherweise kam das, weil ich im Alter von 2 Jahren diesen Applaus bekommen habe und erstmalig süchtig danach wurde. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich raus gehen muss und andere Leute zum finden muss, um ihnen (meine Musik) vorzuspielen. Ich muss anderen Leuten (meine Musik) vorspielen, weil ich diese Bestätigung und den Applaus haben will. Aber, das Wesentlichste ist: ich muss Dinge machen. Und sie müssen großartig sein, denn ich habe mittlerweile so viele Sachen gemacht, dass ich bei einem gewissen geschmacklichen Level und einem gewissen Level an Urteilsvermögen angekommen bin, und ich kann genau sagen, wenn etwas gut ist, und wenn etwas schlecht ist. Meistens zumindest. Und daher, wenn ich etwas mache, das nicht gut geworden ist, dann werde ich stinksauer auf mich selbst und muss versuchen daraus gute Sache zu machen. Oder ich schmeisse es weg und mache etwas anderes, das dann eine gute Sache wird.
Also das ist mein Treibstoff. Das ist es, was einen Typen wie mich am Laufen hält. Das ist der Grund, der mich jeden Morgen dazu bringt aufzustehen und mich antreibt, und im Alter von 56 Jahren bringt mich das noch immer dazu, ihr wisst schon, pro Nacht 6 Stunden, oder 5 Stunden, zu schlafen und den ganzen Tag lang Zeugs zu machen. Weil ich es muss, weil ich es wirklich machen muss.
Ich habe mich nie hingesetzt und darüber nachgedacht … naja, das stimmt nicht ganz, ich habe darüber nachgedacht, aber ich war nie fähig dazu, es zu tun. Ich habe mich nie hingesetzt und mir gesagt: „Ich muss einen Hit machen, weil ich Geld verdienen muss.“ Ich habe mich nie hingesetzt und mir gesagt: „Ich muss etwas an irgendjemanden verkaufen“, oder „ich muss mit diesen Sachen einen Deal machen, weil ich Geld verdienen muss“, und dann etwas mit diesem Gedanken im Kopf kreiert. Das kann ich nicht.
Ich weiß, es gibt Leute, die das können und ich sage auch nicht, dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist, und möglicherweise werden einige von euch hier diese Art von Handwerker, die alles erschaffen können, was sie erschaffen wollen, und das auf Kommando und für einen Scheck.
Und das ist nicht unbedingt eine schlechte Sache. Die Welt braucht solche Leute. Wir brauchen Werbespots, wir brauchen Fernsehmusik, wir brauchen, ihr wisst schon, wir brauchen Zeugs. Es gibt Zeugs das wir brauchen, das Leute auf Kommando erstellen können müssen. Ich kann das nicht. Das ist nicht mein Ding.
Wenn man einen Anthropologen (einen, der sich mit der ‚Wissenschaft der Menschen‘ beschäftigt) fragt: „Was war die erste, menschliche Interaktion?“ Das war Musik. Das war irgendein Ur-Affe, der da sitzt und mit einem Stock auf einen Ast haut, und ein anderer kam zu ihm rüber und spielte einen Kontrapunkt (musikalische Gegenbewegung). Und die beiden machten „Whoa! That‘s cool.“ Das erste Mal, als unsere frühen Ahnen merkten, dass sie nicht auf sich einschlugen, war, als sie Sounds machten, die einen Rhythmus und eine Melodie hatten, was (insgesamt) besänftigend war. Weil sie feststellten: „Hmm, Ahh, Ohh.“ Das ist Musik. Im Gegensatz zu unserem „Arrgghh!“ Das ist ebenfalls Musik. Die erste Art, auf die wir kommunizierten, bevor wir Sprache hatten, war begründet in solchen Sounds, mit Rhythmus, mit Melodie, es war Musik. Musik ist ein essenzieller Teil dessen, wie wir aufgebaut sind. (Original: „essential part of our makeup.“)
Wir haben innere Musik. Unser Herz schlägt in einer musikalischen Frequenz. Das ist kein Zufall. Unser Herz schlägt mit 60 Beats pro Minute, das ist perfekt. Das ist die perfekte Frequenz um zu tanzen, zu nicken, zu genießen. Da ist einfach irgendwas mit diese Rhythmus, das Musik hervorbringt. Und die erste Kommunikation, die wir jemals als Kreaturen hören, wenn wir das erste Mal da sind, ist der Klang den unsere Mutter an uns weitergibt, also schöne, beruhigende und musikalische Sounds. Wir sind daran gewöhnt zu hören. Wir sind daran gewöhnt, den Klang von Melodien zu hören. Wir sind daran gewöhnt, eingebettet in die wunderbare Energie von Musik zu sein. Diese speziellen Frequenzen, diese speziellen Vibrationen, die uns umgeben, beherbergen uns und informieren uns.
Also am Anfang, war Musik. Und das ist etwas, ohne das die Gesellschaft nicht leben kann. Musik ist eine der essenziellen Dinge im Leben, wisst ihr. Und man sagt, wisst ihr, die fünf grundlegenden Nahrungsgruppen, oder was auch immer … ihr … ihr wisst schon, die fünf Sinne, sechs Sinne, oder wie auch immer ihr es nennen wollt. Aber es gibt etwas, das die Leute aus der Rechnung draussen lassen, wenn über die Kreatur Mensch gesprochen wird, und das ist Musik. Es gibt keine Kultur auf der Erde, keine, Null, keine, die nicht Musik beinhaltet. Was eine interessante Sache ist.
Also, etwas von gewissen Neigungen beinflusst, aber ich denke, das Musik die höchste Kunstform ist, die wir haben, weil sie die jenige ist, die sich an unsere zelluläre Grundstruktur anheftet. Das ist etwas, das Teil von uns ist, physiologisch, psychologisch, entwicklungsgemäß in jeder erdenkbaren Weise. Also am Anfang, war Musik. Wir haben angefangen Musik zu machen. Und, ja, es gab sogar Musik, bevor es Rechtsanwälte gab. [Gelächter] Ich weiß, das ist schwer zu glauben, aber es ist wahr.
Also fangen wir an Musik zu machen, wir machen Musik, weil es in unserer Natur liegt und einige von uns machen sie dann, weil wir müssen. Wir müssen einfach, müssen, müssen. Und wir machen sie so gut, wie wir sie nur irgend machen können. Wenn wir in diesem Zustand sind, sind wir ein Künstler. Das ist der ursprüngliche Zustand, weil wir kreieren, der Kreativität wegen. Und es ist uns egal. Und die Künstler, die man (oder ihr) am meisten bewundert, die Leute, die man beobachtet und sich sagt: „Gee (Jesus), so will ich auch sein. Was muss ich machen? Wie kann im Musikbereich den Durchbruch schaffen … wie kann ich Bruce Springsteen sein?“
Naja, zu allererst einmal, müsstest du Bruce Springsteen sein. Aber, als zweites (sei gesagt), das Bruce Springsteen niemand wurde, er war einfach (dieser jemand). (Original: „… he just was“). Er ist ein Typ, der einfach Musik machen musste, also fand er die entsprechenden Plätze (Möglichkeiten), welche zu machen. Er fing in seiner Garage an. Dann holte er einen Haufen seiner Freunde, sie fingen an zusammen zu spielen, sie fanden Clubs, um dort zu spielen, und sie machten es! Sie konnten sich das nicht leisten, sie hatten keinen Geldgeber, sie hatten keine Manager, keine Rechtsanwälte, es waren keine Labels involviert, nichts. Sie mussten einfach spielen. Und sie schrieben und spielten. Und sie waren umgeben von einem Haufen anderer Leute wie ihnen selbst, die ebenfalls spielen und schreiben mussten. Und sie gingen zu deren Shows zwischen den Sets, und hörten sie sich an.
Und die lernten daraus, was diese (anderen) Leute taten. Sie sagten: „Wow, weißt du, so und so, weißt du, Little Stevie hat einen Song, der ist einfach … ich meine … warum haben wir keinen Song wie diesen? Wir müssen zurück und einen Song wie diesen schreiben!“ Also gingen sie zurück und versuchten etwas zu schreiben, das so gut war wie das, weil sie inspiriert waren. Und sie informierten sich gegenseitig, inspirierten sich und sie wurden alle besser, nur weil sie spielten und weil sie hörten, und weil sie alle miteinander interagierten. Sie waren kreative Leute, kreativ in einer Gruppe, der Kreativität wegen. Punkt. Einfach. Dort ist Schluss. (Original: „Period. Simple. Stop there“).
In diesem Moment ist es das … wenn es an diesem Punkt in ihrem Leben nötig gewesen wäre, eine zwischengeschaltete Instanz zwischen ihnen und der Außenwelt zu haben, zwischen ihnen und ihrer Musik, zwischen ihnen untereinander, wäre keines der wundervollen Dinge entstanden, die sie letztendlich kreiert haben. Weil Zeug (das Original-Wort, „stuff“, bezeichnet im Amerikanischen auch ernstzunehmende Dinge) nur in einem puren, kreativen Umfeld erschaffen werden kann. Es wird nur dann kreativ an einem Ort, wenn dort alles, worüber du nachdenken musst, und alles was du machen musst, das Kreieren ist.
Seid ihr mit mir, soweit? Ich meine, das ist einfachster Shit, ich weiß das, aber es ist etwas … was wir (häufig) vergessen. Wir vergessen das, in der Tat. Wir rennen den ganzen Tag herum, nach dem Motto: „Wenn ich doch bloß einen Manager hätte …“
Naja, warte mal einen Moment, vielleicht hast du keinen Manager, oder keinen Rechtsanwalt, oder kein Label, weil du Schritt eins nicht gemacht hast! [Er pausiert für ca. 5 Sekunden und blickt schweigend in‘s Publikum] Möglicherweise hast du noch nicht genügend Zeit in der Garage verbracht. Vielleicht hast du nicht genug Zeit damit verbracht, es (er meint das, was erschaffen wurde) hinauszutragen und es (er meint Live Auftritte im kleinen Kreis und dergleichen) mit einem Haufen Freunde zu machen, an Orten, an denen andere Leute wie du sind, die es machen, weil sie es machen müssen, und wo du dir anhörst, was sie machen, und du vergleichst es mit dem, was du machst, und arbeitest hart.
So, das du zufrieden bist mit dem, was du getan hast und das das Publikum, das zuhört, lauter applaudiert, als für deinen Kumpel am anderen Ende der Strasse, wisst ihr, denn da ist immer ein wettkämpferisches Element involviert, wenn etwas erschaffen wird. Möglicherweise musst du das machen und dir darum Sorgen machen und nicht, dir Sorgen machen über die Business-Seite des Musikbusiness.
Also, meine Rede sollte eigentlich von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft handeln. Daher werde ich das schnell abhandeln, aber das ist wirklich wichtig. Also das ist ist mein grundlegendes Prinzip, und das hat eine Menge damit zu tun, an welcher Stelle (in der Geschichte) wir uns gerade befinden. Am Anfang war Musik. Und es war eine Live-Sache, und es war gewissermaßen frei zugänglich. Leute sangen buchstäblich für ein Abendessen. Es gibt, „for as you to know“ (ich vermute: „damit ihr Bescheid wisst“) ‚Ich singe für mein Abendessen‘ (Original: ‚I‘ll sing for my supper‘). Und die Leute gingen einfach von Stadt zu Stadt, sangen Musik, und wenn andere Leute es mochten, warfen sie entweder Gemüse nach ihnen (er meint Tomaten werfen, also ausbuhen), oder gaben ihnen etwas zu essen. Buchstäblich!
Und sie trafen andere Musiker entlang des Weges, und sie tauschten Musik aus und verglichen Sachen, und sie wurden besser, indem sie sich mit anderen Leuten auseinandersetzten. Und dann, irgendwann in dieser Geschichte, entdeckten reiche Leute sie und wurden ein Fan. Eine reiche Person, ein Fan, der sagte: „Ich mag deine Musik. In der Tat, ich möchte nicht dass du diese Strasse wieder runter gehst und will auch nicht, dass du in die nächste Stadt weiterziehst. Ich möchte dich hier haben. Ich werde dich ernähren, ich werde dich einkleiden, mach deine Musik hier.“ Und diese glücklichen Leute, die von einem solchen Förderer (Gönner) aufgegabelt wurden, Sponsor, Major Label …“