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Antwort auf Musiker-Frage: "Wie kriegen wir mehr Leute auf unsere Konzerte?"

14. Januar 2010
Liebe Musiker bei MySpace,

in diesem Blog findet ihr ab jetzt jede Woche eine Antwort auf eine eurer Fragen aus dem Bereich "Musikbusiness" und dem Bereich "Selbstvermarktung für Musiker".

Diese Woche fragt Oliver Pospiech von der Band Jack's Basement: "Wie kriegen wir mehr Leute auf unsere Konzerte?"
http://www.myspace.com/jacksbasement

Antwort von Doc Kolonko: Im Folgenden beschreibe ich für euch zwei der erfolgreichsten, mir bekannten, Werbeaktionen für Konzerte semiprofessioneller Bands. Ergänzend gibt es eine Reihe weiterer Tipps zum Thema 'Werbung für Konzerte'.

Zunächst einmal besteht eine effektive Werbung für ein Konzert in der Regel aus mehreren Medien. Häufig werden Flugblätter (Flyer) gemeinsam mit Plakaten, Onlinemedien und natürlich Mundpropaganda eingesetzt. Richtig interessant wird es allerdings bei der Frage, "was steht denn eigentlich drauf, auf euren Werbemitteln?"! Denn genau in diesem Bereich konnte ich mehrfach persönlich feststellen, wann ein Konzert voll wird und wann nicht. Eine sinngemäße Meldung: "Band xyz spielt am xx.xx.2010 im Club xyz", bietet für den Betrachter des Plakates oder den Empfänger des Flyers zunächst mal völlig austauschbare Infos. Auch ein tolles Bandfoto hilft euch da üblicherweise nicht weiter. Noch gibt es überhaupt keinen Grund, dieses Konzert zu besuchen.

Die erste Frage auf dem weg zur effektiven Konzertwerbung lautet also: "Welche Gründe können wir als Band dem Konzertbesucher liefern, genau dieses Konzert zu besuchen?"

Das mit Abstand erfolgreichste Plakat meiner ehemaligen Band

Warum funktionierte gerade dieses Plakat so gut? Um es kurz zu machen: Auf diesem Plakat (links) stehen ganz deutlich zwei 'gute Gründe' drauf, diese Veranstaltung zu besuchen. Grund 1: Es handelt sich um eine "Party" (Annahme: "Dort wird es lustig und amüsant"), Grund 2: Dort gibt es "100 Liter Freibier"! (Diesen Grund muss man wohl nicht näher erklären )

Zusätzlich zu diesem Plakat haben wir natürlich Mundpropaganda betrieben und allen (wirklich allen!) unserer Bekannten gesagt, dass wir an diesem Tag unser erstes, eigenes Album veröffentlichen. Doch das war uns nicht genug: Mit dem Veranstalter konnten wir vereinbaren, anstelle von Flyern, direkt Eintrittskarten für das Konzert verteilen zu können!

Ganz konkret: Grünes Papier (einfach 90 Gramm) im Copyshop besorgt, drauf kopiert: "Eintrittskarte – mit dieser Karte kommst du kostenlos in unser Konzert am 28.09. Wenn du früh kommst, hast du größere Chancen, noch etwas von den 100 Litern Freibier abzubekommen! Für alle Anderen kostet der Eintritt 4 Euro." (Sinngemäß ging das aus unseren 'Flyer' hervor.)

Natürlich stand auch die Adresse des Clubs drauf und um es 'offizieller' aussehen zu lassen, hatte ich auf den Eintrittskarten ein kleines, gerahmtes Feld frei gelassen und dort jeweils per Hand unseren Band-Stempel drauf gesetzt. Einen solchen Stempel erhält man in jedem Stempel-Laden für heutzutage ca. 15-20 Euro. Ein weiterer Tipp für Werbespezies: Übrigens waren die Eintrittskarten quadratisch, da wir uns von einem typischen 'DIN'-Format unterscheiden wollten.

Ja, mit solchen 'Flyern' ging man gern los. Und auch die Nachricht "Hey, die machen eine PARTY mit FREIBIER" verbreitete sich an den umliegenden Schulen unter den Jugendlichen. Beim Verteilen dieser Flyer kam es übrigens häufig vor, dass jemand den Flyer zunächst mürrisch entgegen nahm, sich dann, nach dem Vorbeigehen sofort umdrehte und mir hinterher rief: "HEY, warte mal! Kriege ich noch eine zweite Eintrittskarte?! Ich will noch jemanden zum Konzert mitbringen!" ... naja, bitteschön, nichts leichter als das ... natürlich bekam er dann noch einen zweiten 'Flyer' von mir. ... für unser Konzert hatten wir sowieso von vornherein geplant, dass es für meisten Leute 'freien Eintritt' gibt.

Ergebnis: Am Abend kamen 450 Gäste, von denen sogar ca. 100-150 Eintritt zahlten, weil sie ihre Eintrittskarte verloren hatten, oder über das Plakat beziehungsweise durch eine Empfehlung von Freunden auf das Konzert aufmerksam wurden. Die 100 Liter Freibier (würden heute ca. 100 Euro im Großhandel kosten, ... wenn überhaupt so viel) verschenkten wir locker und auch noch 100 Liter andere Getränke, die im Einkauf ebenfalls sehr günstig waren. (Achtung: So etwas muss man natürlich mit dem Veranstalter absprechen; nicht jeder akzeptiert einen Ausschank der Band. Das ist allerdings als Werbemittel sehr effektiv.)

An diesem Abend verkauften wir 75(!) unserer CDs, verdienten uns also selbst eine gute Gage. Hätten wir noch T-Shirts und Merchandising am Start gehabt, hätten wir noch mehr verdienen können. (Siehe auch Bandologie-Webseite, 'Nützliche Links für Musiker', Merchandising.)

Wenn es damals schon MySpace gegeben hätte, dann hätten wir selbstverständlich auch darüber – und über die anderen Communities, wie Facebook, Twitter und dergleichen – massiv Werbung betrieben.

Fazit: Entscheidend allerdings, war nicht so sehr welche Wege wir gewählt hatten, sondern einerseits die besonders hohe Aktivität und Leidenschaft – man kann schon fast sagen 'Aggressivität' – mit der wir dieses Konzert beworben haben. Andererseits, und das vergessen Musiker und Bands immer wieder, die Inhalte, die auf den Werbemedien zu lesen waren.

Auch noch in Kürze – für 90% aller Bands noch immer relevant: Auf dem Plakat sieht man NICHT: 1. Den Bandnamen überdimensional groß, 2. Foto mit mehreren Musikern (sondern nur einen Schattenriss unseres Gitarristen; das könnte aber auch irgendjemand mit einer Gitarre sein), 3. Überdimensional große Grafik, die für den Betrachter keinen Sinn ergibt 4. Musikstil der Band (wir spielten Heavy Metal ... dieses völlig veraltete Schlagwort allein war nicht gerade geeignet, um einen Club voll zu machen), 5. Versprechen, die nicht gehalten werden können (beispielsweise: "Das beste Konzert der Stadt" oder ähnliches 'Gelaber'). Das alles war NICHT auf dem Plakat ... aber ich sehe so etwas auf Plakaten von Künstlern und Bands immer wieder. "Schade um die schöne Werbefläche", denke ich jedes Mal.

Zusammenfassend kann man zwei Dinge festhalten: Erstens, dass Musiker und Bands häufig zu wenig Gedankengut in ihre Werbung investieren. Und zweitens, dass in die Bewerbung vieler Konzerte zu wenig Zeit und Mühe investiert wird. Dazu gleich mehr.

Zunächst zum Ideenreichtum: Es wird in der Musikszene häufig 'blind' von 'den Großen' der Branche abgeguckt, ohne einmal selbst zu überlegen, was die Zuschauer denn eigentlich zum Konzert bewegen soll. Zwei beispielhafte Gründe, die man nennen könnte, habe ich oben genannt. Etwas weiter unten in diesem Blog-Eintrag hagelt es geradezu Beispiele für weitere, solcher Gründe. Es gibt in der Tat noch tausende andere Dinge, die einen Zuschauer begeistern können, eine Veranstaltung zu besuchen. In Kürze formuliert: Alles, was Menschen Freude macht oder stark beeindruckt, kann ein guter Grund sein, zu einem Konzert zu gehen.

Ein Konzertveranstalter wie beispielsweise 'Rock am Ring' muss eine solche, kreative Werbung oder 'Gründe' natürlich nicht liefern beziehungsweise läuft es dort anders. (Bei Plakaten solcher Großveranstalter gucken unbekannte Bands häufig ihre Gestaltung ab ...) Bei einem großen Festival genügt es, die teuer eingekauften Namen der Headliner zu nennen und dann 'einfach' sehr viele Plakate und Werbung (wieder mit viel Geld) zu verbreiten. Dass ein solches Konzert eine 'riesige Party' wird, muss man auf einem solchen Plakat oder in der sonstigen Werbung ebenfalls kaum erklären; in dieser Größenordnung versteht sich das von selbst. Und wenn dann auf dem Plakat Namen stehen wie 'Rammstein', 'Peter Fox', 'Radiohead' oder ähnliches, dann erübrigt es sich, noch weitere 'Argumente' zu liefern. ... Für Bands, die noch nicht so bekannt sind, lohnt es sich allerdings sehr, kreativ zu werden und sich etwas außergewöhnliches zu überlegen, um sich von der Masse der (häufig übrigens erschreckend langweiligen!) Konzerte in der Musikszene abzusetzen. ... Und das kann häufig mit überraschend einfachen Mitteln geschehen, wenn man sich dazu Gedanken macht.

Hier noch einige Beispiele für 'Argumente', die man als Konzertwerbung verwenden könnte: "Garantierte Pogo-Party" (Umsetzung: 5-10 Freunde, die kostenlos Getränke kriegen und dazu 'verpflichtet' werden, die Stimmung anzuheizen und zu pogen), "Konzert findet nur bei Kerzenlicht statt" (das müsste natürlich entsprechend ruhige Musik sein), "Spektakuläre Feuershow" (wer so etwas ungewöhnliches bieten kann, spielt meist gut gefüllte Konzerte), "Frauen-Rock und Männer-Striptease; Eintritt nur für Frauen!" (das zieht natürlich auch nur eine bestimmte Art von Frauen, das Konzert könnte aber durchaus voll werden), "Der Eintritt enthält zwei Freigetränke" (einfach, aber könnte wirkungsvoll sein), "Ab dem ersten Live-Song wird für alle Konzertbesucher Freibier von der Bühne aus ausgeschenkt! Pünktlich kommen lohnt sich!" (somit hätte man die Leute auch direkt vor der Bühne; erste Reihe wäre garantiert gefüllt und gut gelaunt), "Zitat aus Stadtmagazin xyz: 'Die Band xyz spielt Musik der Stilistik xyz, wie es sie vorher noch nicht gab. Diese phantastische Live-Band muss man als Fan der Musikrichtung xyz einfach live erleben." (Achtung: ein Zitat, das weniger aussagt oder weniger genau ist, würde nicht viel helfen), "Zitat von einer Emanze: 'Ich finde diese Hardrock-Band scheisse. Bei jedem Konzert eine Stripshow und ein Bier-Gelage zu veranstalten ist einfach nur peinlich und chauvinistisch!" (ich wette, dieses Hardrock-Konzert wäre mit 'echten Sauf-Rockern' gut gefüllt! Beispielsweise zu jedem Gig 2 Stripperinnen zu buchen könnte sich bei bestimmten Bands finanziell durchaus rechnen), "Eintritt ab drei Personen, die als Gruppe zum Konzert kommen, pro Person nur X Euro" (könnte ein Argument sein, Freunde mitzubringen. Ein Preis-Argument sollte aber nicht das einzige sein), "Gratis-Hörprobe der Band unter [hier folgt eine Internet-Adresse mit Deeplink]" (kann man als Orientierung mit anbieten; sollte aber nicht das einzige Argument sein), "Zitat aus einem Szenemagazin: 'Die geilsten Hip-Hop Basslines Berlins'." (solche Zitate können helfen; sollte man allerdings nur als eines von mehreren Argumenten nutzen).

Nun zum zweiten Aspekt. Der lässt sich schnell und einfach erklären: Viele Bands verwenden einfach zu wenig Power auf ihre Konzertwerbung. Wenn eine Band beispielsweise nur 50 Flugblätter in ein paar Läden in der Gegend auslegt oder versucht mit 10 Plakaten ein Konzert zu füllen ... dann wird das in der Regel nichts.

Beispielsweise habe ich als 16-jähriger mal zwei Konzerte veranstaltet. Erst Jahre später lernte ich, wie man Plakate gestaltet und wie man Werbetexte schreibt, aber ich hatte damals schon gesehen, mit welcher Power 'die Großen' Werbung betreiben. Also haben wir als Teenager uns eine Genehmigung von der Gemeinde Schenefeld (Hamburg) geholt und haben 200(!) Plakatwände aus billigem Pressholz aufgehängt. ... DAS hatte Wirkung, denn die ganze Gegend (ca. 1 bis 2 Kilometer um den Veranstaltungsort herum) war geradezu 'zugehängt' mit unseren Plakaten. Damals übrigens von mir mit der Hand gezeichnet und ohne Computer erstellt. Die Plakate sahen eigentlich miserabel aus, hatten aber allein aufgrund der Menge eine phantastische Wirkung. Zudem sah man ganz offensichtlich, dass diese Plakate nicht von Profis, sondern von Jugendlichen selbst gemacht wurden. Das wiederum zog das Interesse der anderen Jugendlichen aus der Gegend auf unsere Aktionen. Ergebnis: Wir hatten bei beiden Konzerten jeweils ca. 400 zahlende Gäste. ... Also: Ideen PLUS Power sind die Stichworte, die meinen Erfahrungen nach zu gut besuchten Live-Konzerten führen.

... Übrigens habe ich auch mal beruflich Business-Events organisiert, die sehr erfolgreich liefen. Die Werbung dafür hatte allerdings mit relativ viel Geld und mit guten Firmenkontakten zu tun. Daher habe ich hier einige Beispiele und Erkenntnisse genannt, die OHNE großes Budget gut funktionieren.

Wenn man dann noch Ahnung vom Bereich 'Werbetexten' hat, dann läuft die Werbung übrigens noch besser! Beispielsweise kann ich dazu empfehlen: Bandologie-Webseite, Ebook 'Werbetexten für Musiker'. Dort gibt es noch einige, weitere Inspirationen.

In diesem Sinne, bis zur nächsten Woche!

Alles Gute und beste Grüße, euer


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