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Doc Kolonko Archiv

Antwort auf Musiker-Frage: "Wie umgeht man die GEMA trotz eines offiziellen Releases?"

19. Februar 2010
Liebe Musiker bei MySpace,

in diesem Blog findet ihr jede Woche eine Antwort auf eine eurer Fragen aus dem Bereich "Musikbusiness" und dem Bereich "Selbstvermarktung für Musiker".

Diese Woche fragt Kai: "Ich würde gerne wissen, ob es eine Chance gibt, die GEMA trotz eines offiziellen Releases zu umgehen." http://www.myspace.com/ganeshdoom

Hinweis an alle Leser dieses Blogs: Hier zu lesen ist meine private Meinung. Die Tipps in diesem Blog sind KEINE Rechtsberatung. Es handelt sich auch NICHT um offizielle Ratschläge von MySpace. Ich arbeite in Kooperation mit MySpace als Freiberufler und schreibe – auch auf Wunsch von MySpace – das, was ich als Musikbusiness-Experte für richtig und nützlich halte. Jeder Musiker bleibt selbst verantwortlich für seine rechtlichen und geschäftlichen Aktivitäten. Die Inhalte dieses Blogs kannst du also NICHT als Argument vor Gericht einsetzen. ... Wohl aber, gebe ich hier wirklich nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft und schreibe Dinge, die nicht nur ich, sondern auch andere Experten meiner Erfahrung nach, als 'relevant' betrachten.

Antwort von Doc Kolonko:

Hallo Kai,

ich gehe einfach mal deine Email im Detail durch; Stück für Stück:

(Kai): Ich würde gerne wissen, ob es eine Chance gibt, die GEMA trotz eines offiziellen Releases zu umgehen. Soweit ich weiss, ist jeder Künstler, der einen Tonträger in einem deutschen Presswerk produzieren lässt, automatisch bei der GEMA gemeldet und von der GEMA geschützt.

(Doc): => Mehrere Fehl-Annahmen:

1. Die GEMA schützt KEINE Werke. Sie VERWERTET die Rechte von Werken. Kannst dir merken: "Die GEMA ist ein reiner Geld-Verteiler!"

Die von dir genannte Fehl-Information ist weit verbreitet, weil die Marketing-Leute von der GEMA mit dem Slogan werben: "Wir schützen Ihre Rechte" ... das bedeutet zu Deutsch: "Ihre Rechte existieren schon und wir holen in Ihrem Namen jetzt dafür Geld, damit Ihnen das Geld nicht durch die Lappen geht" ... dieses "Geld-Einziehen" betrachten die als finanziellen(!) "Schutz" des Komponisten, weil der Komponist sonst kaum eine Chance hätte, das Geld selbst zu holen. ... – Ganz ehrlich: ich glaube, die wollen mit dem Slogan eher Verwirrung stiften und Angst streuen. ... Fakt ist: die schützen KEINE Urheberrechte sondern sie "beschützen" die BEREITS PER GESETZ ENTSTANDENEN Rechte, in dem sie dafür das passende Geld einholen. (Wenn diese 'Rechte' (also die Musik) 'verwertet' ... also von Veranstaltern oder Medien gespielt ... wurde).

Das ist alles sehr einfach: Musikstück (Komponist hat automatisch Rechte; Urheberrechtsgesetz) => Verwerter verwertet (nutzt) diese Musik => Komponist hat dadurch Anspruch auf Geld für die Verwertung. (Bis zu diesem Punkt passiert das IMMER; Anspruch entsteht).

Jetzt, Möglichkeit 1: Komponist ist kein GEMA-Mitglied; GEMA stellt fest: "Kein Mitglied"; der Verwerter kann die Musik einfach so spielen; muss nichts zahlen (dass ist das, was viele Veranstalter wollen) der Komponist erhält kein Geld für die Verwertung (es sei denn, er treibt es selbst ein oder beauftragt jemand anderen damit, es für ihn einzutreiben). Das ist gar kein Problem; völlig legal.

Möglichkeit 2: Er ist GEMA-Mitglied; GEMA sagt: "Geld her; das gehört dem Komponisten, wir arbeiten in seinem Auftrag, – wir 'schützen seine Rechte' – wir geben das Geld an den Komponisten weiter."

2. Nichts leichter als das: Einfach NICHT GEMA-Mitglied werden, fertig. Selbst Herbert Grönemeyer KÖNNTE – wenn er wollte – aus der GEMA austreten. Die GEMA ist ein Verein, KEINE staatliche Institution. Jeder darf dort beitreten oder auch nicht. Freie Wahl.

(Kai): Das bedeutet allerdings auch, dass die GEMA mich vor mir selbst schützt, falls ich meine Musik zum freien Download anbieten möchte, oder?

(Doc): => Bei einer GEMA-Anmeldung kannst du Verwertungs-Bereiche ausschließen. (Das erklären die dir gerne, WENN du bei einer Anmeldung danach fragst). Beispielsweise den Bereich "online". Das würde bedeuten, für den Live-Bereich (beispielsweise) bist du GEMA-pflichtig, für Online nicht, Radio 'ja', TV 'nein' ... oder umgekehrt ... oder wie du willst.

Wenn du die GEMA als 'Geldholer' haben willst, wirst du quasi "Kunde" der GEMA und kannst als Auftraggeber genau sagen, was die für dich machen sollen ... oder auch nicht. ... Oder du lässt sie einfach links liegen, bestätigst gegebenenfalls, dass du kein GEMA-Mitglied bist ... fertig.

(Kai): Der Bekanntheitsgrad einer unbekannten Band lässt sich meiner Meinung nach gerade dann gut steigern, wenn man Promotion durch einschlägige Blogs inklusive Link zu den üblichen Filehostern erhält. Von den ganzen Pressalien durch die GEMA bzgl. Live-Gigs mal ganz abgesehen (gerade kleinere Veranstalter schliessen teils Auftritte GEMA-geschützer Künstler kategorisch aus).

(Doc): => Das ist sogar für größere Veranstalter ein Thema!

(Kai): Wie kann ich das umgehen? Die CD in einem ausländischen Presswerk herstellen lassen (z.B. Holland)?

(Doc): => Nein; ein Presswerk im Ausland bringt gar nichts. Die GEMA hat internationale Kontakte und Vertreter in allen Ländern; so, wie jede größere Verwertungsgesellschaft.

Übrigens: www.bandologie.de/links (dort findest du u.a. das günstigste Presswerk in Europa)

Lösung: Einfach NICHT GEMA-Mitglied werden. Fall gelöst.

Jeder, der eine CD herstellt MUSS einen GEMA-Zettel ausfüllen. Das haben die tatsächlich gesetzlich durchgekriegt. Du bist als Hersteller verpflichtet, die Namen der Komponisten von den Komponisten per Unterschrift etc. bestätigen zu lassen, damit die GEMA prüfen kann, ob es sich um GEMA-Repertoire handelt oder nicht.

Dort ist es aber völlig OK, wenn du deine Titel einfach rein schreibst und wenn du Lust hast noch drauf schreibst: "Kein GEMA-Mitglied" ... die GEMA prüft dann, ob das stimmt. Und wenn du "kein Mitglied" bist, dann läuft alles ganz normal weiter ... auch ohne GEMA.

Der Grund, warum die GEMA ein Recht darauf hat, JEDE CD-Herstellung "auf GEMA-Relevanz zu überprüfen", ist ihre enorme Größe. Dort liegt eine so genannte "GEMA-Vermutung" vor: Aufgrund der hohen Anzahl der GEMA-Mitglieder darf der Verein vermuten, dass eine Mitgliedschaft vorliegt. ... Das Presswerk muss daher ausnahmsweise die "Nicht-Mitgliedschaft" beweisen. (Jeder normale, kleinere Verein müsste natürlich umgekehrt, "die Mitgliedschaft" beweisen). ... Durch diesen Umstand, diese Besonderheit, kommen viele Leute mit der GEMA durcheinander. ... Auch ansonsten liefert die GEMA verwirrende Informationen. Wenn man es aber einmal verstanden hat, dann ist das sehr einfach. ... Ich glaube, die Leute von der GEMA "spielen" auch ein bisschen damit, dass die Leute verwirrt sind und sich 'vorsichtshalber' anmelden ... was in vielen Fällen völliger Quatsch ist.

Noch mal zusammengefasst: Presswerk, Zettel, ausfüllen => GEMA checkt: Mitglied "ja oder nein"? => Nicht Mitglied? OK, wir holen kein Geld für den Komponisten // Mitglied? OK, wir holen Geld für ihn. (Das wiederum kann zum Nachteil bei Veranstaltern werden.)

Erneut: Bei der GEMA geht es NUR (ausschließlich) um eines: Geld, Geld, Geld! (Konkret: Die GEMA versucht, das Geld an die Komponisten möglichst gerecht zu verteilen ... mehr Details findest du übrigens in der Neuauflage meines Bandologie-Buches! Dort habe ich gerade das GEMA-Kapitel sehr umfangreich erweitert, nachdem ich mehrmals mit der GEMA persönlich gesprochen und viel recherchiert habe.)

(Kai): Als Alternative gibt es die Creative Commons License - die wiederum habe ich noch nicht so ganz verstanden. Ein Release unter CCL würde bedeuten, dass ich keine Tonträger mehr über Mailorder und bei Konzerten verkaufen darf, oder?

(Doc): => Bitte für Details Creative-Commons Webseite auschecken.

Du "musst" gar keiner Verwertungsgesellschaft beitreten. Das ist alles freiwillig!

Bitte verinnerliche mal das Prinzip dahinter: Geld-Verteilung aufgrund von Musik-Nutzung. Es geht bei Verwertungsgesellschaften "nur" um den reinen Geld-Fluss. – Das ist so, als wenn du jemanden los-schickst und sagst: "Alter, hol mal das Geld für mich bei dem und dem ab; der schuldet mir noch etwas, für meine Musikverwertung". ... Oder du schickst eben niemanden los; das ist auch OK und machen viele Musiker so. (Bei den meisten Semiprofis geht es dabei eh um ein paar Euro pro Jahr, wo sich der ganze Aufwand eigentlich nicht lohnt.) (... Und bei Creative Commons kannst du 'zusätzlich' noch deine Nutzungsrechte teilweise zur Verwertung für andere Bearbeiter etc. freigeben, die normalerweise durch das Urheberrechtsgesetz umfangreich geschützt sind ... – aber auch das, also CC, ist alles freiwillig. – Die Rechte, die du dort freigeben kannst, könntest du auch auf einen Zettel aufschreiben und sie somit an bestimmte Leute freigeben. CC bietet dort "nur" ein paar Standard-Regelungen an, die sich in der Praxis für Remixe und dergleichen als sinnvoll und 'gängig' erwiesen haben.

... Rechteschutz in Deutschland entsteht per Gesetz, sobald das Werk in einer wahrnehmbaren Form ist.
- - -

(Kai): Was ich eigentlich möchte: Einen Tonträger im Studio aufnehmen, in professioneller Aufmachung herausbringen und dann einerseits ganz regulär verkaufen können, um die Kosten wierder reinzubekommen (die Leute, die CDs kaufen, kaufen sie sowieso) und andererseits all denen, die nur downloaden, den Tonträger ganz offiziell und legal zur Verfügung stellen - und bei alledem nicht in den Schraubstockgriff der GEMA geraten, die ich aus finanziellen, promotechnischen und ideologischen Gründen von ganzem Herzen ablehne)

(Doc): => Ja, warum dann das lange Gerede!? :D ... Du bist ein freier Mensch und kannst das auch bleiben. ... Werde einfach KEIN Mitglied bei einer Verwertungsgesellschaft und dann darfst du mit deiner Musik machen, was du willst. (Vorausgesetzt alle anderen Komponisten und Texter, die an der Musik beteiligt sind, sind ebenfalls keine Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft).

... Diese Informationen kann ich dir 100% sicher zusagen; ich bin nach meinen ganzen Recherchen und nach meiner eigenen Petition gegen die GEMA ein GEMA-Experte geworden.

FALLS du dir unsicher bist, egal mit welcher Detail-Frage, ruf die GEMA einfach mal an und lass dir das bestätigen. ... Einige Eigenschaften dieses Vereins finde ich selbst zwar auch sch***** ... aber die Damen und Herren am Telefon sind sehr freundlich und beraten gern.

Übrigens sind die wahrscheinlich FROH, wenn sie "nicht noch einen" semiprofessionellen Musiker "am Bein haben", für den sie extra eine Abrechnung schreiben müssen, auf der dann 3,50 Euro am Jahresende bescheinigt werden und der Komponist kaum Umsatz für den Verein bringt ... – also: glaub mir entweder und fülle einfach den GEMA-Zettel aus, – die checken dich dann durch und wenn Sie dich NICHT in ihrer Datenbank finden, schließen sie daraus "aha, der Typ ist KEIN MITGLIED" – ... und dann läuft das alles ... auch OHNE GEMA.

Falls du dir das doch noch überlegst – nach Veröffentlichung – kannst du bis zu 12 Monate rückwirkend noch GEMA-Mitglied werden. (Das bedeutet: FALLS MTV oder sonst wer deine Musik entdeckt und das Ding rauf und runter nudelt oder du zufällig einen Gig bei 'Rock am Ring' bekommst, kannst du dir bis 12 Monate danach noch die entsprechende Kohle über die GEMA holen.) Das sind doch mal gute Nachrichten!

=> Für mehr Details und noch ein paar echt krasse Fakten über die GEMA kannst du mal mein Buch auschecken; das neue GEMA-Kapitel hat 20 Seiten und bietet auch eine Praxis-Hilfe, die bei der Entscheidung hilft: "Lohnt sich die GEMA für mich oder nicht" ... ansonsten, wenn du "null Bock" auf den Laden hast: Einfach den Zettel ausfüllen, der vom Presswerk kommt ... zur GEMA senden (oder senden lassen) zum Durchchecken ... und fertig.

Beste Grüße
Nils

(Kai): (In seiner nächsten Email; nachdem ich ihm geantwortet hatte):

Hallo Nils!
1000x Danke! Endlich mal kompetente Infos - selbst diverse Vollzeit-Musiker konnten mir meine Fragen nicht beantworten.
Ich bin zwar selbst durch 2 ältere Releases einer anderen Band gemeldet - aber ich könnte austreten und das hört sich sehr gut an.
Grund genug, das Buch direkt vorzubestellen - besser kannst du für dich selbst gar nicht werben. Nochmal: Danke! :) Kai
- -

In diesem Sinne, bis zur nächsten Woche!

Alles Gute und beste Grüße


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